Zuchtgeschehen

Interessierten an der Geflügelzucht stellt sich zu Beginn oftmals die Frage, wie funktioniert diese Welt des Zuchtwesens? Die Erfahrung hat gezeigt, dass es sich einem Einsteiger nur langsam erschließt, „wie der Laden läuft“.

Wir möchten erklären, wie die Geflügelzucht sich seit über einhundert Jahren organisiert und erfolgreich eine Rasse wie die Ramelsloher erhalten konnte.

Beginnen wir mit dem Sonderverein: Ein Sonderverein betreut bundesweit eine oder mehrere Rassen. Der Sonderverein der Züchter des Ramelsloher Huhns wurde 1905 gegründet. Anfänglich wurde nur der weiße Farbschlag betreut, später kam auch der gelbe dazu. Ein Sonderverein bietet die Plattform zum Austausch unter Züchtern, indem er die einzelnen Züchter zusammenbringt, für Erfahrungsaustausch und Information seiner Mitglieder sorgt und auch ein Forum für die Beschaffung oder den Austausch von Zuchttieren und Bruteiern bietet. Die jährliche Tierbesprechung, auf der Züchter und Preisrichter zusammen kommen, ist wesentlicher Bestandteil des Vereinslebens. Ziel dabei ist es, Stärken oder Schwächen der mitgebrachten Tiere gemeinsam zu ermitteln. Die Beurteilung orientiert sich dabei am Standard. Dies ist eine Beschreibung in Wort und Bild, dessen Kriterien die Rasse möglichst zu erfüllen hat. Preisrichter sind auf dieser Veranstaltung nicht in ihrer Funktion des Richtens tätig. Sie fungieren auf einer Tierbesprechung hauptsächlich als Gesprächspartner. Am Ende dieser Veranstaltung entsteht unter allen Beteiligten ein Konsens, ein Bild vom derzeitigen Zuchtstand. Das heißt, es wird festgestellt, ob es in bestimmten Bereichen eine gute Erfüllung der Ziele oder weniger gute gibt. Diese Ergebnisse finden Berücksichtigung auf den Haupt- und Sonderschauen. Bei diesen Ausstellungen werden die Tiere mit einem Punktesystem vom Preisrichter bewertet und gegebenenfalls prämiert. Preisrichter sind ehrenamtlich tätig, es handelt sich um erfahrene Züchter, die über mehrere Jahre verschiedene Lehrgänge und Prüfungen absolviert haben.
Das Ausstellungswesen dient nebenbei oftmals dem Austausch von Tieren. Dabei kauft der Interessent nicht planlos, sondern versucht Tiere zu erwerben, die zu seinem Zuchtgeschehen passen. Auch auf diesen Veranstaltungen trifft sich die Züchterschaft mit dem Preisrichter bei den Ausstellungstieren zu einer Besprechung.

Im Laufe des Jahres gibt es im Vereinsgeschehen die sogenannten Rundbriefe. In ihnen wird jeder Züchter über die Geschehnisse rund um die Rasse informiert. Eine Notwendigkeit, da nicht jedes Mitglied in Deutschland die Möglichkeit hat, weite Wegstrecken auf sich zu nehmen, um an den Veranstaltungen teilzuhaben. Informiert wird insbesondere über die Schauen und den Zuchtstand der ausgestellten Tiere, welcher Züchter besondere Prämien bekam und über das Fazit der Tierbesprechungen. Das Protokoll der jährlichen Hauptversammlung wird ebenfalls versendet. Außerdem werden Erfahrungen, die einzelne Züchter gemacht haben bekannt gegeben, um eine Diskussion anzuregen. Jeder Züchter erhält jährlich eine Mitgliederliste, damit es möglich ist, direkt miteinander in Kontakt zu kommen.

Der bereits angesprochene Standard wurde und wird vom SV initiiert. Falls die Vereinsmitglieder mehrheitlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Rassestandard geändert oder ergänzt werden muss, reicht der Verein einen entsprechenden Vorschlag beim BDRG ein. Dort ist für solche Fälle ein besonderes Gremium, der Bundeszuchtausschuss (BZA), eingerichtet, besetzt mit Experten für Tierzucht, Genetik und Tierschutz. Der BZA prüft die Sinnhaftigkeit des Vorschlags, ebenso, ob das geänderte Zuchtziel genetisch überhaupt möglich und ob es tierschutzkonform ist. Außerdem achtet der BZA darauf, dass gleiche Eigenschaften oder Farben bei verschiedenen Rassen auch gleich bezeichnet werden, um die Standards leichter verständlich zu machen. Eine gute Musterbeschreibung sollte so aussagekräftig und vollständig sein, dass Überarbeitungen nur in größeren zeitlichen Abständen nötig sind.
Wir freuen uns die Vorstellungen unserer Vorfahren weiterhin zu pflegen, denn die Musterbeschreibung aus dem Jahre 1905 ist inhaltlich praktisch unverändert bis heute gültig. Somit wurde das Ramelsloher Huhn in seiner ursprünglichen Form bewahrt.

Folgendes Organigramm bietet eine Übersicht über die gesamte Organisation:


Organigramm über den BDRG, die Landes-/Fachverbände und die Vereine

Praktisch alle örtlichen Geflügelzüchtervereine haben sich dem Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter e. V. (BDRG) angeschlossen. Der BDRG gliedert sich in Landesverbände, denen dann die einzelnen Vereine angehören. Je nach Landesverband gibt es dazwischen zur besseren regionalen Betreuung auch Kreis- oder Bezirksverbände.

Zur besseren Betreuung der einzelnen Züchter ist der BDRG nicht nur regional gegliedert, praktisch als „zweites Standbein“ gehören ihm 6 Fachverbände an. VZI, VDT, VZV, VHGW bündeln die Interessen ihrer Mitgliedsvereine und Sondervereine. Zuchtbuch und VDRP sind die Fachverbände der Mitglieder des Zuchtbuches und der Preisrichter


Legende

BDRG : Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter.
1881 gegründet vertritt der BDRG die Anliegen und Interessen der Geflügelzüchter national und international. Größter, mit 180000 Mitgliedern, Verband dieser Art weltweit.

BZA: Der Bundes Zucht- und Anerkennungsausschuss
Für die Geflügelzucht ist die Arbeit dieses Gremiums bedeutend. Er ist für die Zulassung neuer Rassen und Farbenschläge, aber auch für Standardänderungen bei bereits anerkannten Rassen zuständig

Landesverbände
In ihnen sammeln sich die einzelnen Ortsvereine. Die Bezeichnung manches Landesverbandes deckt sich nicht mit den heutigen Bundesländern. Da die Gründungen in einer Zeit stattfanden, als es Die Bundesrepublik nicht gab, existieren heute 19 Landesverbände.

Fachverbände

VHGW: Verband der Hühner-, Groß- und Wassergeflügelzüchtervereine
Gebündelt werden hier 89 Sondervereine des entsprechenden Geflügels mit 6950 Mitgliedern

VDT: Verband Deutscher Rassetaubenzüchter
232 Sondervereine mit 21000 Mitgliedern

VZI: Verband zur Arterhaltung von Zier- / Wildgeflügel
37 Mitgliedsvereine und 2.100 Mitgliedern

VZV: Verband der Zwerghuhnzüchter-Vereine
89 Sonderverein und 8400 Mitgliedern

Zuchtbuch:
Die Zuchtordnung stellt eine einheitliche Zuchtbuchführung im gesamten Bundesgebiet sicher. Die Mitglieder des Zuchtbuches, die Kreis- und Vereinszuchtwarte sowie die Landes-, Kreis- und Vereinsjugendobleute werden durch die Landeszuchtbücher beraten und geschult.

VDRP: Verband Deutscher Rassegeflügelpreisrichter
Fachorganisation der als Richter anerkannten und zugelassenen Züchter, denen die Bewertung der Tiere zu Ausstellungen obliegt.